InfoForum 03/2019

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Belastende Fluchterlebnisse

f-bb-Podcast unterstützt Beratungs- und Qualifizierungspersonal im Umgang mit traumatisierten Geflüchteten

Es ist still im Büro einer Migrationsberatungsstelle in Sachsen-Anhalt. Die Beraterin Annika Lösche sitzt einem jungen Mann gegenüber, der aus Syrien nach Deutschland gekommen ist. Er ist nervös und schaut sie mit starrem Blick an. Ein Gesprächsaufbau ist kaum möglich.

Viele Beraterinnen und Berater kennen das Gefühl, nur schwer oder gar nicht an Personen mit Fluchterfahrung heranzukommen. Ursache sind häufig traumatische Erlebnisse, die den Beratungsprozess beeinflussen können. Diese zu erkennen und richtig einzuordnen ist sehr schwierig. Die Symptome einer Traumafolgestörung (starke Unruhe, Erinnerungslücken, Vermeidungsverhalten, starrer Blick, u. a.) ähneln häufig denjenigen anderer psychischer Erkrankungen. Das an den Tag gelegte Verhalten von Personen mit Fluchterfahrung führt i. d. R. zu Unsicherheiten und Irritationen auf Seiten der Beratenden.

Um das Beratungspersonal in der Migrations-, Anerkennungs-, Qualifizierungs- und Sozialberatung und das Qualifizierungspersonal in arbeitsmarktorientierten Fördermaßnahmen zu unterstützen hat das f-bb in seiner Rolle als Verbundleitung bei ZEMIGRA den Podcast „Umgang mit traumatisierten Personen in der Beratung“ entwickelt. Hier gibt das Institut Einblick in den Beratungsalltag einer Migrationsberaterin in Sachsen-Anhalt und informiert über die Hintergründe von Traumafolgestörungen. Außerdem profitieren Hörerinnen und Hörer von praktischen Handlungsempfehlungen der Psychologin Kathleen David: „Nicht jedes Verhalten, das man nicht nachvollziehen kann, basiert auf einer Traumatisierung. Egal auf welche Ursache das Verhalten zurückgeht: Generell sollte man alle ratsuchenden Personen als Menschen mit Ressourcen und Fähigkeiten anerkennen.“

Für Beraterinnen und Berater hat Kathleen David weitere Tipps im Gepäck. Sie sollten keine Fragen nach Fluchtgründen stellen und den Fokus auf Gegenwart und Zukunft legen. Bei wahrgenommener geistiger Abwesenheit oder starrem Blick können sie mit Reizen arbeiten, um Kontakt herzustellen (z. B. einen Igelball in die Hand geben, nach Zeit und Ort fragen, Ruhe und Sicherheit ausstrahlen). Ebenfalls wichtig: die eigene Grenze kennen und akzeptieren. Ist diese erreicht, sollte die ratsuchende Person an eine spezialisierte Einrichtung verwiesen werden. Damit sie auch im Ernstfall handlungsfähig sind wird empfohlen, dass Beraterinnen und Berater eine Notfallliste mit Kontaktdaten in der Schublade haben.

Der Podcast kann zeit- und ortsunabhängig über ein internetfähiges Gerät kostenlos abgerufen werden. Er ist verfügbar unter: https://videobackend.bbw.de/connector/video/843

Annika Lösche hat sich nach der Situation im Beratungsgespräch mit dem Thema Traumafolgestörung auseinandergesetzt. Auch den Podcast hat sie sich angehört. Ihre Unsicherheit im Umgang mit auffälligen Verhaltensweisen von Personen mit Fluchterfahrung wurde dadurch verringert. Sie fühlt sich nun besser gerüstet und ist auf entsprechende Gesprächssituationen vorbereitet.


Das Zentrum für Migration und Arbeitsmarkt(https://zemigra.sachsen-anhalt.de/) ist eine landesweite Informationsstelle zu Fragen rund um das Thema Arbeitsmarktintegration von zugewanderten Menschen. Die vielfältigen Angebote richten sich an Unternehmen, ehrenamtlich Engagierte, regionale und kommunale Akteure sowie Verwaltungsmitarbeitende im Land Sachsen-Anhalt, die im Kontext „Migration und Arbeitsmarkt“ tätig sind. ZEMIGRA wird im Verbund umgesetzt durch das f-bb, das Europäische Bildungswerk für Beruf und Gesellschaft und das RKW Sachsen-Anhalt. Gefördert wird ZEMIGRA  vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration in Sachsen-Anhalt und der Europäischen Union.

  Franziska Wildner


Weitere Infos

Zentrum Migration und Arbeitsmarkt in Sachsen-Anhalt​​​​​​​