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Handlungsansätze am Übergang Schule-Beruf

Ob im Dienstleistungsbereich oder Handwerk - immer mehr Unternehmen finden keine Auszubildenden, die sich für ihre Branche interessieren und zu ihnen passen. Gleichzeitig bleibt eine erschreckend hohe Anzahl junger Menschen trotz intensiver Bemühungen ohne Ausbildungsplatz. Die Passungsprobleme zwischen Ausbildungsangebot und -nachfrage, die sich durch den demographischen Wandel verstärken, machen deutlich, dass weiterhin Handlungsansätze voranzutreiben sind, die allen interessierten jungen Menschen eine sichere Perspektive in der beruflichen Ausbildung ermöglichen.

Bestehende Angebote bemühen sich um Besserung, müssen aber kritisch analysiert und auf Optimierungspotenziale untersucht werden. Dies macht sich die Studie „Fachliche Impulse zur Optimierung des Berliner Übergangssektors Schule – Beruf“ des eine im Auftrag der Unternehmensverbände Berlin-Brandenburg durch das Forschungsinstituts Betriebliche Bildung (f-bb) zur Aufgabe. Sie erfasst den Status quo der Angebote im Land Berlin und zeigt auf, dass Berlin seit vielen Jahren über eine differenzierte Angebotsstruktur und vielfältige Trägerkonstellationen verfügt, die in ihrer Gesamtheit einer Ausbildungsgarantie bereits sehr nahekommen (Kretschmer et al, 2023, S. 4). Einschränkend wird in der Studie allerdings darauf hingewiesen, dass die damit verbundene Intransparenz derzeit eine passgenaue Zuweisung in geeignete Maßnahmen erschwert. Die Studie gibt fachliche Impulse, wie die Transparenz und das Portfolio der Angebote verbessert werden kann. So könnten beispielsweise Wirtschaftsakteure als Bindeglied zwischen den Betrieben und den Schul- und Trägerstrukturen zukünftig noch stärker in die Gestaltung und Steuerung des Übergangsgeschehens einbezogen werden. Auch der Vorschlag, die Integrierte Berufsausbildungsvorbereitung (IBA) an den Oberstufenzentren nicht nur auf die Verbesserung von Schulabschlüssen auszurichten, sondern als Wahloption eine berufspraktische Variante zur direkten Einmündung in eine betriebliche Ausbildung aufzubauen (IBA dual) stellt die Idee der Praxisanbindung in den Fokus. Susanne Kretschmer plädiert vor dem Hintergrund des aktuellen dualen Ausbildungsangebotes auch dafür, das Angebot der vollzeitschulischen Berufsausbildung nach BBiG zu überdenken: „In Berufen, in denen betriebliche Ausbildungsplätze nicht besetzt werden können, sollte dieses Angebot sukzessive abgebaut werden“.

Auch durch die bundesweite Ausbildungsgarantie – wie sie im „Gesetz zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung“ (Umsetzungsstand siehe hier) vorgesehen ist – soll allen Jugendlichen der Zugang in eine vollqualifizierende Berufsausbildung ermöglicht werden. Sollte es regional oder branchenspezifisch keine passenden betrieblichen Ausbildungsangebote geben, soll dies im Zweifel auch auf außerbetrieblicher oder schulischer Ebene geschehen, allerdings nur dann, wenn trotz intensiver Bemühungen kein betrieblicher Ausbildungsplatz aufgenommen werden konnte (Drucksache 20/6518, 2023, S. 3f.). Mit der Ausbildungsgarantie sollen vorhandene und verbesserte Unterstützungsangebote mit neuen gesetzlichen und darüberhinausgehenden Ansätzen kombiniert (BMAS, 2022, S. 2) und bestehende Lücken im Angebot geschlossen werden.

Die ebenfalls im neuen Gesetzespaket vorgesehene Einführung eines neuen „Berufsorientierungspraktikums“ über §48a SGB III für nicht abschließend orientierte Jugendliche nach der Schulzeit schließt eine weitere Lücke. Kretschmer et al verweisen darauf, dass weitere Maßnahmen notwendig sind, um unversorgte Bewerber*innen und freie Ausbildungsplätze besser zusammenzuführen und sehen in der Weiterentwicklung der Angebote zur Berufsorientierung – wie dem Berufsorientierungspraktikum – hierfür einen wesentlichen Schlüssel (Kretschmer et al, 2023, S. 6). Mit dem Berufsorientierungspraktikum kann auch nach der Entlassung aus dem „System Schule“ die Chance auf eine berufliche Erst-Orientierung gegeben werden. Darüber hinaus ermöglichen sie eine Erweiterung des Berufswahlspektrums und können auch in Phasen der beruflichen Neuorientierung, z.B. nach einer abgebrochenen Berufsausbildung oder einem abgebrochenen Studium, hilfreich sein.

Grundsätzlich gilt: Beim Übergang in den Beruf sollten schnelle, begleitete Übergänge in reguläre betriebliche Ausbildungsverhältnisse der Königsweg bleiben. Diese können ergänzt werden durch Berufsorientierungspraktika oder betriebliche Praktika wie die Einstiegsqualifizierung. Es gilt, transparent die bestehenden Angebote aufzuzeigen, diese nah an der Praxis umzusetzen und allen jungen Menschen eine sichere Perspektive für ihre berufliche Zukunft zu geben.

Literatur:

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) 2022: Gesamtkonzept zur Ausbildungsgarantie.  

Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS): Entwurf eines Gesetzes zur Stärkung der Aus- und Weiterbildungsförderung. Drucksache 20/6518

Kretschmer, S. et al. 2023: Fachliche Impulse zur Optimierung des Berliner Übergangssektors Schule – Beruf. 

 

Dr. Barbara Kiepenheuer-Drechsler