InfoForum 02/2018
Eine Brücke in den Arbeitsmarkt – Kompetenzen entwickeln bei Geflüchteten mit Hochschulabschluss
Die Anerkennung von Kompetenzen ist eine wichtige Voraussetzung, um sich auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu etablieren. Häufig reicht die Anerkennung der beruflichen Qualifikation alleine aber nicht aus. Vor allem Geflüchtete und Neuzugewanderte müssen potenzielle Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber auch davon überzeugen, dass sie ausreichende Sprachkenntnisse mitbringen – vor allem in der jeweiligen Fachsprache. Neben spezifischen Sprachkursen spielen bei der Arbeitsmarktintegration persönliche Kontakte und ein großes Netzwerk eine wichtige Rolle.
Davon profitiert unter anderem Abdul (Name geändert), der 2015 aus Irak nach Deutschland kam und von dort einen Hochschulabschluss in Psychologie mitbrachte. Er gehört damit zu den elf Prozent der Geflüchteten, die einer Studie des Sozioökonomischen Panels (BAMF; 2017) zufolge einen ersten Hochschulabschluss vorweisen können. Um seine Qualifikation zu erhöhen und seine Beschäftigungsaussichten zu verbessern, nahm der junge Iraker während des Anerkennungsprozesses an einer virtuellen Brückenmaßnahme für Psychologen teil, die modellhaft von der IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) durchgeführt wird. Die Fachstelle ist Teil des Programms „Integration durch Qualifizierung“ (IQ) des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales, das mit Mitteln des Bundes und des Europäischen Sozialfonds auf bundesweiter Ebene Strukturen zur Anerkennung im Ausland erworbener Berufsabschlüsse fördert. Sie unterstützt und begleitet Akteure des Förderprogramms in den Bereichen der Anerkennungs- und Qualifizierungsberatung und der Qualifizierungsmaßnahmen im Kontext des Anerkennungsgesetzes.
Bei den Brückenkursen handelt es sich um ein Weiterbildungsangebot mit dem Ziel, die Chancen von Migrantinnen und Migranten auf abschlussadäquate Beschäftigung und (berufliche) Integration zu erhöhen. Personen mit ausländischen Hochschulabschlüssen werden in Online-Kursen für ihr Tätigkeitsfeld fachlich und sprachlich weiterqualifiziert. Die Integration in den deutschen Arbeitsmarkt wird sukzessive vorbereitet, und den Fachkräften wird die Möglichkeit gegeben, ihr im Heimatland bereits erworbenes berufliches Wissen aufzufrischen. Die Teilnahme ist kostenfrei und kann berufsbegleitend erfolgen.
Die Vorlesungen und Seminare werden von Dozierenden über ein Online-Konferenzsystem abgehalten; auch Hausaufgaben, Prüfungen und weitere Lernsettings lassen sich über das Lernmanagementsystem realisieren. In einem anschließenden Praktikum hat Abdul bei einem großen deutschen Telekommunikationsunternehmen hospitiert. Dort konnte er seine neu erworbenen Fachsprachenkenntnisse und sein ergänztes Fachwissen aus den Modulen „Soziokulturelle Didaktik“, „Entwicklungspsychologie“ und „Beratung und Coaching“ testen und anwenden. Abgeschlossen wird der Kurs mit einem Zertifikat, welches die Lerninhalte abbildet und potenziellen Arbeitgebern die Maßnahmeninhalte transparent aufschlüsselt.
Die Unterstützung des f-bb beschränkt sich nicht auf die Organisation und Koordination der Kursangebote. Als besonders wichtig hat sich auch die individuelle Begleitung der Teilnehmenden erwiesen. Das f-bb kooperiert hier mit Berufsverbänden, Unternehmen und Migrantenorganisationen.
Seit 2015 haben insgesamt 238 Teilnehmende die „virtuellen Brückenmaßnahmen“ durchlaufen. Die Kurse haben einen Beitrag dazu geleistet, vorhandene Kompetenzen weiter zu entwickeln und die Integration in den Arbeitsmarkt zu ermöglichen. So wie bei Abdul, der inzwischen in einer Flüchtlingsunterkunft wieder in seinem Beruf als Psychologe arbeiten kann.
Lydia Schmidt