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Frisch gebackene Ideen für ein Traditionshandwerk

Die Bio-Bäckerin Gerhild Fischer aus Sachsen-Anhalt verbindet klassisches Handwerk mit neuen digitalen Lösungen

“Wir werden immer handwerklich arbeiten. Aber warum darf man das nicht ein bisschen moderner machen?“, fragt Gerhild Fischer, Gastrednerin auf der Jahresfachtagung der Zukunftszentren letztes Jahr in Berlin. Ihre Herangehensweise zeigt, wie Transformation in diesem traditionellen Handwerksbereich gestaltet werden kann.

Nördlich von Halle (Saale) hat Gerhild Fischer 1986 in Wettin-Löbejün den Betrieb von ihren Eltern übernommen. Seitdem beglückt sie ihre Region mit frisch und liebevoll zubereiteten Backwaren. Ehemann Stefan steht ihr tatkräftig zur Seite und 2006 erfolgte die Zertifizierung zum Biobetrieb. Wenngleich traditionelles Backhandwerk im Hause Fischer großgeschrieben wird, sind die beiden gegenüber moderner Technologie keinesfalls abgeneigt.  So können über eine eigene App Bestellungen getätigt und dann vor Ort abgeholt werden. Aber das war erst der Anfang: 2017 kam Frau Fischer auf die Idee, eine Lutherrose aus Mürbeteig zu backen. Da es keine passende Ausstechform gab, wandte sie sich an die Handwerkskammer Halle (Saale), die wiederum Kontakt zur Hochschule Merseburg, herstellte. Gemeinsam wurde mit Hilfe des 3D-Druckverfahrens eine Ausstechform aus nachhaltigem Filament fabriziert. Durch den großen Erfolg entwickelte die Bio-Bäckerin daraufhin ein Konzept für individuelle Teigstempel, die sie mittlerweile auf ihrer Webseite anbietet.

Im Rahmen des bundesweiten Programms „Zukunftszentren“ schlossen sich die Handwerkskammer Halle (Saale) und die Hochschule Merseburg 2019 unter anderem mit dem Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) zum Projekt: Zukunftszentrum Digitale Arbeit Sachsen-Anhalt (ZZST) zusammen. Gefördert durch die EU, das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und kofinanziert vom Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Gleichstellung des Landes Sachsen-Anhalt werden seitdem im Verbund kleine und mittelständische Unternehmen dabei begleitet, ihren eigenen Fokus im stetigen digitalen Wandel zu finden. Mit Hilfe der nunmehr gebündelten Unterstützung vom ZZST gelang Gerhild Fischer so noch mehr Zusammenspiel von Tradition und Moderne. Mit einem sogenannten Digitalen Zwilling, ursprünglich ein Werkzeug aus der Vermessungstechnik, ermöglicht sie Interessierten seit neuestem einen einzigartigen Einblick in ihr Handwerk. Verknüpft mit ihrer Website lässt uns die innovative Technologie virtuell durch die Produktionsstätten wandeln und erkunden, wo ihre Backwaren entstehen. Gerhild Fischer setzt hier auf eine moderne Form des Storytellings, um die Beziehung zu ihrer Kundschaft zu vertiefen und gleichzeitig einen Blick hinter die Kulissen zu geben. Des Weiteren unterstreicht dieses Projekt einmal mehr Engagement für Qualität, Nachhaltigkeit und Transparenz in der Bäckereibranche.

Die vom ZZST begleitete Bio-Bäckerei ist ein gutes Beispiel dafür, wie ein traditioneller Handwerksbetrieb mit Hilfe digitaler Technologien seine Arbeitsabläufe optimiert, sich kontinuierlich an die Anforderungen des modernen Marktes anpasst und sich bei all dem trotzdem treu bleibt. Digitale Lösungen können einerseits die Effizienz steigern, die Produktqualität verbessern und den Zugang zu neuen Märkten ermöglichen. Andererseits können sich neue Arbeitsanforderungen ergeben, die eine Weiterbildung erfordern oder bestehende Arbeitsplätze gefährden. Berufliche Bildung spielt daher eine entscheidende Rolle, um den Beschäftigten die notwendigen Fähigkeiten im Umgang mit digitalen Technologien in ihren Bäckereien zu vermitteln. Dies kann sowohl durch spezifische Schulungen und Weiterbildungen als auch durch eine Integration digitaler Tools und Arbeitsmethoden in die Ausbildung von Bäcker*innen und Verkaufspersonal erfolgen. Darüber hinaus kann die berufliche Bildung auch darauf abzielen, junge Menschen für technische Berufe im Bäckereihandwerk zu begeistern, die sich mit der Entwicklung und Wartung digitaler Lösungen befassen, wie z.B. IT-Support auf Online-Plattformen oder die Programmierung von Backautomaten.

Das f-bb kann durch seine Expertise Betrieben bei der Bewältigung der Digitalisierung unterstützen. Bei der Transformation unserer Arbeitswelt, wie wir sie aktuell überall erleben, gibt es nicht „den einen richtigen Weg“. Vielmehr sind die Betriebe dazu angehalten, ihren Weg selbst zu ebnen. Das Team vom ZZST agiert in Sachsen-Anhalt als Starthelfer, gibt Orientierung und motiviert auf diesem Weg. Während der bisherigen Projektlaufzeit konnten mit der Fortbildungsakademie der Wirtschaft sowie Arbeit und Leben Sachsen-Anhalt noch zwei weitere Verbundpartner gewonnen werden. Bei Gerhild Fischer ist diese Starthilfe gelungen aber es gibt noch so viel mehr Betriebe, die ihr digitales Potenzial nach ihren Bedürfnissen und in ihrem Tempo ausschöpfen können. Also heißt es jetzt und weiterhin für das ZZST: Dranbleiben, Ängste abbauen, Austausch fördern und Vernetzung schaffen. Auf diese Weise kann gemeinsam sichergestellt werden, dass für unsere Gesellschaft und Wirtschaft wichtige Betriebe langfristig erfolgreich und nachhaltig bleiben.