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Innovation braucht individuelle Ansätze

Beschäftigungsbegleitende Qualifizierungen für Geflüchtete neu denken

Mit dem "Job-Turbo" sollen Geflüchtete möglichst früh eine Arbeit aufnehmen und parallel potenzial- und bedarfsorientiert weiterqualifiziert werden – beschäftigungsbegleitende Qualifizierung gewinnt somit für die Zielgruppe an Bedeutung. Qualifizierungsbedarfe rücken aus dem Zeitraum der Beschäftigungsvorbereitung vermehrt in die Berufstätigkeit. Erste Praxiserfahrungen zeigen, es bedarf individueller und kooperativer Qualifizierungsplanung, Flexibilität aller Beteiligten und den Mut neue Wege zu gehen.

In zwei Projekten setzt sich das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) mit beschäftigungsbegleitender Qualifizierung und Arbeitsmarktintegration von Menschen mit Migrationserfahrung auseinander: Wie eine schnelle Integration gelingen kann, dazu hat die IQ Fachstelle Anerkennung und Qualifizierung unter dem Titel „Gelingensfaktoren berufsbegleitender Ansätze im Kontext der IQ Qualifizierungen“ grundlegende Faktoren zusammengetragen. Die Betriebliche Begleitagentur bea-Brandenburg erprobt vor Ort in Betrieben modellhaft Maßnahmen zur beschäftigungsbegleitenden Qualifizierung sowie fachlicher Sprachförderung.

Aus unseren Erfahrungen ergeben sich folgende Empfehlungen für die erfolgreiche Umsetzung beschäftigungsbegleitender Qualifizierungen für Geflüchtete. (vgl. Bock et. al 2024).

Um die Arbeitsmarktintegration nachhaltig zu gewährleisten, ist für viele Personen eine fachliche und/oder sprachliche Qualifizierung (ggf. im Kontext der Anerkennung eines ausländischen Berufsabschlusses) unabdingbar. Die Doppelbelastung Arbeit plus Qualifizierung benötigt ein besonders hohes Maß an Motivation, welche erheblich zum Qualifizierungserfolg beiträgt. Besonders individuelle Ansätze wie z.B. Mentorenprogramme werden als erfolgsversprechende Form der Begleitung wahrgenommen. Sie bieten Möglichkeiten des Austauschs und des Erlernens der (Fach-) Sprache. Zwei wichtige Faktoren, wenn es um das Aufrechterhalten von Motivation geht. So richtet sich z.B. das Projekt „side by side“ (finanziert durch das Förderprogramm IQ) aus Berlin als Mentoringprogramm an qualifizierte Frauen mit Migrationsgeschichte und schafft für sie eine Brücke zu berufserfahrenen Berlinerinnen. Gemeinsam kann so der Einstieg in die bisherige Branche gemäß der mitgebrachten Qualifikation erleichtert werden.

Wer beschäftigungsbegleitende Qualifizierungen plant und steuert, sollte die Belastbarkeit der Geflüchteten unbedingt berücksichtigen. Hieraus ergeben sich insbesondere Anforderungen an die Flexibilität der zeitlichen Umsetzung. Die frühzeitige, gemeinsame Kommunikation zwischen allen beteiligten Akteuren (u.a. Betrieb, Bildungsträger, Beschäftigte*r) schafft Transparenz und Planbarkeit auf allen Seiten. Auch eine Überlastung der Geflüchteten wird so vermieden. Des Weiteren ist vor allem der Betrieb als Lernort mitzudenken. Die Bereitstellung von Räumlichkeiten inklusive zeitgemäßer technischer Ausstattung für Videokonferenzen und Online-Lernformate trägt zum Gelingen berufsbegleitender Qualifizierungen bei. Wertvolle Arbeitszeit wird durch den Wegfall von Anfahrtswegen eingespart, die Freistellungszeit wird auf ein Mindestmaß reduziert.

Eine Schlüsselrolle spielt die beschäftigungsbegleitende Qualifizierung, die nachhaltige Arbeitsmarktintegration und Fachkräfteentwicklung unterstützt. Flexibilität und zielgruppenorientierte, individuell anpassbare Qualifizierungsmaßnahmen und Begleitstrukturen wie Mentoringprogramme oder auch Kinderbetreuung sind entscheidend. Aber auch die zeitliche und räumliche Planung zwischen Arbeitgebenden, Arbeitnehmenden und Weiterbildungsträgern. Eine erfolgreiche Qualifizierung hängt von fachkundiger Beratung und funktionierenden Schnittstellen ab. Die Erfahrungen aus den Projekten des Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) zeigen, dass Maßnahmen u.a. an drei Stellen ansetzen können: Weiterentwicklung und Flexibilisierung des Qualifizierungsangebots für Geflüchtete, Stärkung regionaler Kooperationen der beteiligten Akteure und Etablierung flächendeckender Begleitstrukturen. Diese Ansätze sind auch für die Fachkräfteeinwanderung relevant und fördern eine lebenslange, kompetenzorientierte Personalentwicklung.

Die gute Nachricht: Bei beschäftigungsbegleitenden Qualifizierungen von Geflüchteten kann auf vielfältige Erfahrungswerte aufgebaut werden. Für die beteiligten Akteure vor Ort geht es darum, im Zusammenwirken tragfähige Lösungen, "Innovationen im Kleinen" unter den jeweiligen Rahmenbedingungen zu erarbeiten und gemeinsam umzusetzen.

 

Literatur:

Bock, K., Roser, L., Pronitschew, O., & Künzel, T. (2024). Geflüchtete beschäftigungsbegleitend qualifizieren: Empfehlungen für ein komplexes Unterfangen. In: Schrader, J. & Brandt, P. (Hrsg.). (2024). Bilden für die Demokratie. [Themenheft]. weiter bilden. DIE Zeitschrift für Erwachsenenbildung 31 (3) (S. 49-52). DIE. Verfügbar unter: https://www.die-bonn.de/doks/demokratie-komplett.pdf

Lea Berges

Torsten Künzel