InfoForum 04/2018
Der sprachsensible Betrieb
Empfehlungen für die Integration von Migrantinnen und Migranten
Unternehmen befinden sich im internationalen Wettbewerb um die besten Köpfe. Die Belegschaft der Zukunft ist noch stärker als heute multikulturell geprägt; gleichwohl müssen sich die Mitarbeiter/innen untereinander verständigen können. Deutsch am Arbeitsplatz ist folglich ein zentraler Aspekt der Integration. Unternehmen sollten sich daher zu sprachsensiblen Betrieben entwickeln.
Sprachliche Sensibilität am Arbeitsplatz zu erzeugen ist mit Aufwand verbunden. In einigen Bundesländern erhalten Unternehmen daher Unterstützung in Form einer kostenfreien Beratung. Ein Beispiel ist die durch das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (MASGF) und das Ministerium für Wirtschaft und Energie (MWE) des Landes Brandenburg geförderte Betriebliche Begleitagentur bea-Brandenburg, welche am f-bb angesiedelt ist und Unternehmen bei der Integration Geflüchteter unterstützt. Beratung erhalten die Betriebe unter anderem zur Einarbeitungsplanung, zur Vermittlung von Arbeitsschutz und zu der Bereitstellung gut verständlicher Arbeitsanweisungen. bea-Brandenburg unterstützt mit Strategien und Lösungen die aufzeigen, wie Mitarbeiter/innen sensibilisiert werden können. Auch die am f-bb angesiedelte Fachstelle Beratung und Qualifizierung des ESF-Förderprogramms „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ verfügt über eine jahrelange Expertise, wie integriertes Fach- und Sprachlernen funktionieren kann und trägt diese Erkenntnisse in die Fachöffentlichkeit. Sie wird gefördert durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds.
Eine Auseinandersetzung mit dem Thema „sprachsensible Kommunikation am Arbeitsplatz“ lohnt sich allemal: Ob falsch verstandene Anweisungen oder unklare Zuständigkeiten: Kommunikationsprobleme können teuer für Unternehmen werden. Gerade in der Zusammenarbeit mit Zugewanderten, die erst noch dabei sind, Deutsch zu lernen, kann es leicht zu Missverständnisse kommen. Die Fähigkeit, in verschiedensten Kommunikationssituationen sensibel mit Sprache umzugehen, trägt zur aktiven Integration am Arbeitsplatz bei und stärkt sowohl zugewanderte Kollegen/innen als auch andere betriebliche Akteure. Das Risiko von Kommunikationsproblemen wird auf allen Seiten minimiert, die Arbeitsqualität der neuen Mitarbeiter/innen von Beginn an gesteigert.
Für Migranten/innen ist die Arbeitstätigkeit eine erste Gelegenheit, ihre in Deutschkursen erworbenen Sprachkenntnisse in authentischen Situationen anzuwenden, zu festigen und zu erweitern. Zugleich stehen sie vor der Herausforderung, mit den beruflichen und kommunikativen Anforderungen und den Vorgaben des Betriebsablaufs zurechtzukommen. Berufsbezogene Sprachkenntnisse sind eine wichtige Voraussetzung der Arbeitsplatzintegration Zugewanderter. Das Besuchen weiterer (externer) Deutschkurse nach der Arbeitsaufnahme ist für viele Migranten/innen eine Selbstverständlichkeit. Allerdings erwerben sie dort nicht unbedingt die im einzelnen Beruf konkret benötigten kommunikativen Fertigkeiten. Neben der Beherrschung des branchenüblichen Vokabulars gehört dazu die Fähigkeit, typische Situationen zu meistern. Wie man beispielsweise Kunden/innen am Telefon höflich, aber bestimmt widerspricht, ist nicht nur eine Frage des verfügbaren Wortschatzes. Sinnvoller als ein externer Lehrgang kann es sein, einen Berufssprachkurs in den Betriebsalltag zu integrieren: Firmen engagieren eine Lehrkraft, die genau das lehrt, was die Beschäftigten am Arbeitsplatz benötigen. Sollte das betriebswirtschaftlich nicht vertretbar sein, da beispielsweise nur eine Person mit entsprechendem Bedarf beschäftigt ist, bietet sich ein individuelles Sprachcoaching an. Dabei werden die individuellen Bedürfnisse und Ressourcen des Lernenden ermittelt und selbständige Lernaktivitäten ermöglicht.
Als hilfreich hat sich erwiesen, dass Kollegen/innen, Anleitende und Vorgesetze, die zugewanderten Mitarbeiter/innen als Sprachmentoren/innen unterstützen. Weitere praxisbewährte Instrumente für den betrieblichen Einsatz sind Ablaufschemata und Glossare, Rollenspiele, beispielsweise zur Vorbereitung auf Kundengespräche, Besprechungen und Unterweisungen. Gleichzeitig sensibilisieren solche Maßnahmen alle Beteiligten zusätzlich für die kommunikativen Herausforderungen der Arbeitswelt.
Lydia Schmidt