InfoForum 03/2024

Newsletter-anmeldung

jetzt anmelden

Individuelle Freiheit für alle Menschen durch Teilhabe

Die Sprache der Menschen mit Behinderung ist das Herzstück unserer Arbeit

„Nicht über uns ohne uns!“ – Individuelle Freiheit und Selbstbestimmung sind erst dann für alle umsetzbar, wenn eine Teilhabe aller Menschen am Leben und Arbeiten in der Gesellschaft ermöglicht wird.

Die Verbesserung von Teilhabechancen in den Themenfeldern (Weiter-)Bildung, Arbeitsmarkt und Beruf ist ein wichtiger Aspekt unserer Arbeit am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb). Diverse Forschungs- und Entwicklungsprojekte beschäftigen sich damit, strukturelle und individuelle Barrieren für Menschen mit Beeinträchtigungen zu senken und Inklusion zu fördern. Dazu gehört die allgemeine Untersuchung von Chancen, Barrieren und Herausforderungen digitaler Teilhabe von Menschen mit Behinderung oder die Untersuchung potenzieller Gestaltungsmöglichkeiten einer inklusiven Arbeitswelt. Welche Unterstützung KI-gestützte Tools bieten, wurden unter anderem im Projekt KI.Assist evaluiert. Auch eigene Entwicklung von (digitalen) Lernmaterialien zur Verbesserung von Inklusion sollen die Teilhabechancen verbessern.

Bei all diesen Projekten war es uns wichtig, Menschen mit Behinderung aktiv zu beteiligen und mitwirken zu lassen, um deren Interessen und Bedarfe ungefiltert berücksichtigen zu können. Derartige partizipative (Forschungs-)Methoden werden in Zukunft unerlässlich, da Usability, Passgenauigkeit und Zielgruppen-Adäquanz nur durch die aktive Einbindung von Menschen, um die es geht, gestaltet werden können. Nur durch echte Partizipation können Ergebnisse mit Entscheidungsmacht erreicht werden, die die Bedürfnisse aller bestmöglich berücksichtigen.

Allerdings sind bei partizipativer Forschung gemeinsam mit Menschen mit Behinderung verschiedene Aspekte bei der Durchführung von qualitativen und quantitativen Erhebungen sowie bei der Entwicklung von Befragungsinstrumenten zu beachten. Einerseits: Erhebungen sind barrierefrei zu gestalten. Dazu gehört, immer mindestens zwei Sinneskanäle anzusprechen. Andererseits gilt es auch spezifische behinderungsbedingte Barrieren zu berücksichtigen und zu lösen. Zum Beispiel durch eine Reduktion der Komplexität und Abstraktheit von Inhalten, die Verbesserung der Verständlichkeit von Texten oder Befragungsitems im Sinne leichter bzw. einfacher Sprache, die bewusste Verwendung von Bildern und Icons oder auch der Einsatz von (Simultan-)Übersetzungen oder Gebärden.

Der Grundsatz „Nicht über uns ohne uns!“ gilt nicht nur für Erhebungen, sondern auch für Formate wie Workshops. Inklusive Workshops bergen dabei ihre eigenen Herausforderungen, denn eine heterogene Zusammensetzung der Teilnehmer*innen erfordert eine ganzheitliche und allumfängliche Berücksichtigung von Barrierefreiheit. Dies betrifft zum Beispiel die Auswahl des Veranstaltungsortes, dessen Räumlichkeiten hinsichtlich Körper- und/oder Sinnesbehinderungen ohne Hürden zugänglich sein sollten. Hierzu gehören unter anderem notwendige Rampen oder Blindenleitsysteme. Zu beachten sind außerdem folgende Punkte:

  • die Eignung der Medien- und Methodenwahl für Menschen mit Seheinschränkung oder kognitiven Beeinträchtigungen.
  • die Organisation und Einbindung von Gebärdensprachdolmetschenden.
  • die Verwendung von einfacher Sprache
  • der Einsatz geeigneter niederschwelliger Workshopmethoden – beispielsweise die Erhöhung von Pausenzeiten zur Erhaltung der Konzentrationsfähigkeit der Teilnehmer*innen.

Sollte der Workshop digital durchgeführt werden, ergeben sich wieder andere Herausforderungen, die das Thema digitale Teilhabe betreffen. Einige der Barrieren von Präsenzveranstaltungen, wie ein fehlendes Blindenleitsystem, werden im digitalen Raum irrelevant. Dafür können beispielsweise die unzureichende Usability des Videokonferenztools oder auch fehlende Kompetenzen zur aktiven Teilnahme am digitalen Workshop zu neuen Barrieren werden. Bei digitalen Veranstaltungen ist zusätzlich wichtig, dass ein niedrigschwelliger Zugang über mindestens zwei verschiedene Sinneskanäle sowie der Einsatz von digitalen Hilfsmitteln ermöglicht wird.

Das f-bb verfügt über vielfältige Erfahrungen und Expertise mit Blick auf partizipative Forschungs- und Entwicklungsprozesse. Daher setzt das f-bb seit vielen Jahren darauf, Menschen mit Behinderung in seine Forschung und Beratung einzubeziehen und selber zu Wort kommen zu lassen – denn Inklusion und Teilhabe in Arbeit, Bildung und Beruf ist uns ein wichtiges Anliegen. Mit Blick auf die Verbesserung der digitalen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen hat das f-bb gemeinsam mit Betroffenen Lösungsvorschläge erarbeitet, die zur Durchführung inklusiver, heterogener Workshops im digitalen Raum unterstützen.