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Digitaler Wandel der Weiterbildung

Eine zukunftsfähige Lernkultur gestalten

Die betriebliche Weiterbildung befindet sich in einem grundlegenden Umbruch. Digitalisierung, Automatisierung und technologische Innovationen haben erhebliche Auswirkungen auf die Arbeitswelt und erfordern eine Anpassung der Kompetenzen von Mitarbeiter*innen. Entsprechend müssen auch Weiterbildungen neu gedacht werden.

Für das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) bedeutet der digitale (Weiterbildungs-) Wandel ebenfalls einen neuen Blick einzunehmen, sowie eigene Methoden und Arbeitsweisen anzupassen. Auf der Institutskonferenz des f-bb haben Denise Gramß vom Zukunftszentrum Brandenburg, Julia Becker vom Zukunftszentrum Süd und Michael E.W. Ney vom Zukunftszentrum Digitale Arbeit Sachsen-Anhalt diesen Wandel aus drei thesenbasierten Perspektiven in einem Workshop diskutiert:

These 1: Tools wie Chatbots, Learning-Apps oder Gamification Elemente werden vermehrt in die Weiterbildung integriert und verändern damit das Nutzer*innenverhalten und die Angebotslandschaft.

These 2: Zusammenarbeit und Wissensaustausch zwischen den Teilnehmenden werden durch digitale Tools gefördert, was zu einem höheren Lernengagement (reduzierte Abbruchquote) und einem verbesserten Lernerfolg führt.

These 3: Die Kompetenzanforderungen im Rahmen veränderter Weiterbildungsangebote wandeln sich nicht nur bei den Teilnehmer*innen sondern auch bei den Weiterbildungsdienstleistern. Zu vermittelnde Fachkompetenzen haben einen verstärkten technischen Anteil, methodisch-didaktische Kompetenzen fokussieren verstärkt hybride oder Online-Formate.

Die ersten beiden Thesen griffen nahtlos ineinander, so dass die Diskussionen nicht voneinander getrennt geführt werden können. Die Erfahrung zeigt: Was für den externen Betrachter manchmal wie ein technischer Gimmick wirkt, kann Weiterbildungsangebote deutlich nach vorn bringen. So berichten Weiterbildungsdienstleister z.B. nachdem sie hybride Qualifizierungskonzepte mit digitalen Kommunikationstools bei sich durchgeführt hatten, dass die Teilnehmenden viel häufiger bereit waren, auch zwischen den Präsenzterminen an den Weiterbildungsinhalten zu arbeiten und sich auszutauschen.

Wo bisher insbesondere bei Online-Weiterbildungen die Teilnahme- bzw. Abbruchquote der kritische Punkt waren, konnten technische Unterstützungsangebote, wie Gamification-Elemente, dazu beitragen, den Verbleib in der Weiterbildung zu verlängern bzw. das Engagement zu erhöhen. Daneben spielen zeit- und ortsunabhängige Lernangebote und Microlearnings eine wichtige Rolle, weil hier die Möglichkeit entsteht, Lernen im Alltag fortzusetzen und in das Berufsleben zu integrieren. Die Zukunftszentren machen in der Beratungs- und Qualifizierungsarbeit die Erfahrung. dass, Weiterbildungsdienstleister dafür sensibilisiert werden müssen, sich auf neue technologische Möglichkeiten einzulassen und die Gratwanderung zwischen einerseits persönlicher Betreuung und Lernbegleitung sowie andererseits digitalbasierter gelingend zu gestalten.

Die dritte These nahm dann die Kompetenzanforderungen für die Weiterbildungsdienstleister in den Blick. Welche technologischen, welche veränderten methodisch-didaktischen Anteile haben die neuen Kompetenzanforderungen? Zwei Faktoren wurden in der Diskussion als wesentlich identifiziert. Zum einen die methodisch-didaktische Ausrichtung, die vollständig neue Ansätze im Vergleich zu den bisher analogen Angeboten braucht. Es reicht nicht aus – darüber waren die Diskutierenden einer Meinung – alte Konzepte einfach zu digitalisieren, also z.B. den bisher mündlich vorgetragenen Beitrag als PDF hochzuladen. Vielmehr sind vollständig neue Ansätze der Gestaltung von Lerninhalten gefragt, um die Vorteile z.B. hybrider Formate auszuschöpfen. Der zweite Faktor zielt auf die Haltung der Weiterbildenden ab. Mit sich stetig und in immer kürzerer Halbwertszeit wandelnden technologischen Möglichkeiten für die Weiterbildungsbranche wird die Unsicherheit für die Mitarbeitenden gleichzeitig höher oder zumindest zu einem konstant anwesenden Momentum. Hier braucht es Ambiguitätstoleranz, die Fähigkeit Unsicherheiten auszuhalten und in ihnen handlungsfähig zu bleiben.

Die drei Thesen, die damit einhergehenden Diskussionen und die Erfahrungen aus den einzelnen Projekten der Kolleginnen und Kollegen zeigten, dass die Weiterbildungslandschaft hinsichtlich der aktuellen Entwicklungen grundsätzlich aufgeschlossen ist, wenn auch noch großer Beratungsbedarf zum „Wie“ der Umsetzung besteht. Allerdings wurde auch deutlich formuliert, dass es keine Digitalisierung von Weiterbildungsangeboten um jeden Preis geben dürfe. Vielmehr müsse im Einzelfall geprüft werden, was methodisch-didaktisch jeweils sinnvoll ist und ob das Kosten-Nutzen-Verhältnis angemessen erscheint.

Rolle der Zukunftszentren als Zukunftsscouts des f-bb

An der Stelle dieser Fragestellung setzt die Arbeit der Zukunftszentren, gefördert durch das BMAS und das ESF Programm „Zukunftszentren“, an. Sie nehmen – mit Blick auf den digitalen Wandel – eine wichtige Rolle im f-bb ein. Mit ihrem Auftrag wirken sie nicht nur nach außen, auf die Zielgruppen von Beschäftigten und KMU, sondern auch nach innen in das f-bb:

  1. Interdisziplinäre Zusammenarbeit: Die Zukunftszentren fördern eine interdisziplinäre Herangehensweise, indem in den Projektverbünden Expert*innen aus Bereichen wie Bildungswissenschaften, Soziologie, Psychologie, Technologie und Wirtschaft zusammenkommen. Diese Zusammensetzung ermöglicht eine multiperspektivische Analyse und Gestaltung von zukunftsfähiger Arbeit.
  2. Arbeitnehmerzentrierter Ansatz: Die Zukunftszentren stellen die Bedürfnisse und Perspektiven der Arbeitnehmer*innen in den Mittelpunkt.
  3. Kooperation mit Unternehmen: Die enge Zusammenarbeit mit Unternehmen ermöglicht es den Zukunftszentren, praxisnahe betriebsindividuelle Lösungen zu entwickeln und umzusetzen.

Die zukunftsorientierte Positionierung des Forschungsinstituts Betriebliche Bildung schafft eine enge Verbindung zwischen Forschung und Praxis. Dadurch können innovative Lösungen für die Herausforderungen der digitalen Arbeitswelt entwickelt und gleichzeitig die Mitarbeiter*innen in Unternehmen besser auf die Anforderungen der Zukunft vorbereitet werden.