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Die Weiterentwicklung der Pflegeausbildung

Attraktive Wege in die Pflege durch berufliche und akademische Ausbildung

 

Im Rahmen mehrerer Projekte setzt sich das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) gemeinsam mit unterschiedlichen Partnern mit der Neugestaltung der Pflegeausbildung durch das Pflegeberufegesetz (PflBG) auseinander. Neu ist seit Einführung 2020 nicht nur der generalistische Ansatz, also ein Berufsbild für alle Pflegebereiche, sondern auch die Möglichkeit, über ein Pflegestudium die Berufszulassung zu erreichen. Inwieweit diese Option zu einer Steigerung der Attraktivität des Berufs beiträgt, war eine der Fragen, zu denen sich Mitarbeitende des f-bb mit dem Fachbeiratsmitglied Professorin Dr. Karin Reiber (Hochschule Esslingen) im Rahmen eines Workshops austauschten.

Die ersten Erfahrungen zeigen, dass diejenigen, die eine Laufbahn in der Pflege anstreben, sich meist für die berufliche Ausbildung entscheiden, während der akademische Zweig noch nicht im angebotenen Maß (Studienplätze) angenommen wird. Dies liegt zum einen darin begründet, dass dieser Ausbildungszweig ganz neu ist und an den Hochschulen erst entsprechende Infra- und Kooperationsstrukturen geschaffen werden mussten, zum anderen, dass Unsicherheiten darüber bestehen, wie sich die Aufgabenbereiche in der beruflichen Tätigkeit voneinander abgrenzen. Hinzu kommt, dass das Studium im Gegensatz zur beruflichen Ausbildung nicht vergütet wird. Dies soll mit dem Pflegestudiumstärkungsgesetz (PflStudStG), für das seit Mai 2023 eine Kabinettsvorlage vorliegt, aber geändert werden.

Die Attraktivität einer Ausbildung oder eines Studiums macht sich allerdings nicht allein an der Vergütung fest. Vielmehr haben verschiedene Facetten Einfluss auf die Bewertung einer Ausbildung: der Arbeitgeber, die Ausbildungsgestaltung, die Vielfalt der späteren Tätigkeit im Berufsfeld, kollegiale/soziale Strukturen und berufliche Entwicklungsmöglichkeiten. Je nach individuellen Vorlieben werden auch die Entscheidungen für eine berufliche oder akademische Ausbildung getroffen.

Karin Reiber hebt hervor, dass die Möglichkeit eines akademischen Abschlusses zur Professionalisierung des Berufsbildes beitragen kann, da evidenzbasierte Pflege stärker einbezogen wird - und zur Attraktivitätssteigerung des Berufsbildes führen kann. Gleichzeitig gilt allerdings, dass damit keine Entwertung der beruflichen Ausbildung und ihrer Absolvent*innen im Berufsfeld verbunden sein darf. Im Vordergrund der Bewerbung des Berufs sollten vielmehr die vielfältigen beruflichen Entwicklungsmöglichkeiten stehen, die die Generalistik in beiden Ausbildungsformen ermöglicht. Denn über beide Bildungswege sind künftig Beschäftigungen sowohl in der Altenpflege, als auch der Gesundheits- und Krankenpflege und Gesundheits- und Kinderkrankenpflege möglich.

Durch die größere Vielfalt und die höhere inhaltliche Breite des Berufsbildes besteht aber auch die Gefahr, den Bezug zum Kern des Berufs zu verlieren. Dies könnte einen Attraktivitätsverlust darstellen. Es muss für Absolvent*innen möglich gemacht werden, die angedeuteten Entwicklungsmöglichkeiten für einen Verbleib in der Pflege zu erkennen, indem Berufsverläufe exemplarisch aufgezeigt werden. So kann die Vielfalt der Einsatzmöglichkeiten den Beruf attraktiver machen, ohne den Bezug zur Pflege zu verlieren.

Beide Ausbildungswege haben ihre Vor- bzw. Nachteile. Eine Entscheidung für den einen oder den anderen Weg muss von Beginn an nachvollziehbar sein, um die eigenen Wüsche und Möglichkeiten in der Pflege bewerten zu können und so den richtigen Weg für sich zu wählen.

Erste Ergebnisse der Auszubildenden- und Studierenden-Befragung aus der Begleitforschung lassen sich bei Großmann et al. (2023a) und Olden et. al (2023) nachlesen. Weitere Veröffentlichungen zu Themen der generalistischen Pflegeausbildung sind in der nachfolgenden Literaturliste angegeben.

Großmann, D., Olden, D., Dorin, L., Meng, M., Peters, M., & Reuschenbach, B. (2023a).Primärqualifizierende Pflegestudiengänge aus Sicht Studierender: Ergebnisse der Ersterhebung einer bundesweiten Längsschnittstudie. Pflege, 36(4), 209-219.
https://doi.org/10.1024/1012-5302/a000886

Großmann, D., Wochnik, M., Reiber, K., Reuschenbach, B., Olden, D. (2023b). Intendierte und realisierte Umsetzung der generalistischen Pflegeausbildung am Beispiel der Praxisanleitung. Eine Triangulation von Zwischenergebnissen der Begleitforschung. In Kögler, K., Kremer, H.-H., Herkner, V. (Hrsg.), Jahrbuch der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschung 2023. Budrich, 120–140. 
https://doi.org/10.3224/84742719

Olden, D, Großmann, D., Reuschenbach, B. (2023). Die generalistische Pflegeausbildung in Deutschland aus Sicht Auszubildender: Ergebnisse einer bundesweiten Onlinebefragung. Pflege(Online). https://doi.org/10.1024/1012-5302/a000930

Reiber, K., Reuschenbach, B., Wochnik, M. (2023). Ausbildungsreform auf gutem Weg. Die Schwester | Der Pfleger, 2, 64-67

Tsarouha, E., Krause-Zenß, A., Greißl, K., Reiber, K. (2023). Ambivalenzen und Herausforderungen für die Praxisanleitung in der generalistischen Pflegeausbildung. In Kögler, K., Kremer, H.-H., Herkner, V. (Hrsg.), Jahrbuch der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschung 2023. Budrich, 104–119. doi.org/10.3224/84742719

Wochnik, M., Tsarouha, E., Krause-Zenß, A., Greißl, K., Reiber, K. (2022). Lernortkooperation als besondere Anforderung in den neuen Pflegeausbildungen. In Kögler, K., Weyland, U., Kremer, H.-H. (Hrsg.), Jahrbuch der berufs- und wirtschaftspädagogischen Forschung 2022. Verlag Barbara Budrich, Opladen, Berlin, Toronto, 261-273

 

Markus Wochnik

Michael Steinbach

Begleitforschung des Veränderungsprozesses zur Einführung der neuen Pflegeausbildungen