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Kommunale Gestaltungsmöglichkeiten als Potenzial

Auf dem Weg zu Jugendberufsagenturen in Sachsen-Anhalt

Bundesweit wird zunehmend flächendeckend ein in dieser Konsequenz vergleichsweise neues Angebot für junge Menschen am Übergang Schule-Beruf implementiert: Dabei geht es um eine zwischen Jugendamt, Agentur für Arbeit, Jobcenter, Schulen und weiteren Akteuren abgestimmte und vernetzte Beratungs- und Dienstleistungstätigkeit „unter einem Dach“ (One-Stop-Government). Für diese Form der rechtskreisübergreifenden Kooperation wird oft die Bezeichnung „Jugendberufsagentur“ (JBA) genutzt. Das Land Sachsen-Anhalt unterstützt die Landkreise und kreisfreien Städte seit 2015 aus Mitteln des Europäischen Sozialfonds und des Landes bei der Entwicklung eigener Modelle der Zusammenarbeit. Über die Richtlinie „Regionales Übergangsmanagement (RÜMSA)“ werden u. a. das Personal regionaler Koordinierungsstellen und Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit gefördert; zudem können die Kooperationspartner regionalspezifische Modellvorhaben erproben, um damit auf die Bedarfe junger Menschen vor Ort reagieren zu können. Sechs Kommunen fördern über RÜMSA zum Beispiel Projekte zur Reintegration schwer zu erreichender junger Menschen in das Sozialsystem nach §16h SGB II.

Gerade für ein Bundesland mit großen Flächenlandkreisen sind regionalisierte Lösungen essentiell. Nach fünf Jahren RÜMSA tritt der Vorteil dieser Herangehensweise deutlich hervor. Die beteiligten Landkreise und kreisfreien Städte konnten ihre regionalen Besonderheiten bei der Einführung des One-Stop-Governments berücksichtigen. Dabei haben sich in Sachsen-Anhalt drei Umsetzungskomponenten herausgebildet: Die meisten Bündnisse arbeiten mit einer Kombination aus zentraler Anlaufstelle, dezentralen Beratungsangeboten und interaktiven Webseiten. Einige Bündnisse bieten entweder eine zentrale Anlaufstelle oder dezentrale Angebote an. Zudem liegt es in der Entscheidungskompetenz der regionalen Arbeitsbündnisse, besondere Zielgruppen, die Strategie für die Öffentlichkeitsarbeit, die Kooperationsform mit Schulen vor Ort und die Wahl von geförderten Projekten festzulegen. Dass der Bedarf regional angepasster Lösungen vorhanden ist, offenbart sich nicht zuletzt in den von den Kommunen dargelegten Plänen zur Weiterentwicklung der Anlaufstellen und ihrer Angebote.

Die gute bisherige Entwicklung bestätigen auch die Ergebnisse des Monitorings, mit dem das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) als Landesnetzwerkstelle RÜMSA den Stand der regionalen Kooperationsbündnisse seit 2017 erfasst. Die Daten – gesammelt in drei Erhebungswellen im Zeitraum 2017-2019 – verdeutlichen den Prozesscharakter. Bei zehn von 13 an RÜMSA teilnehmenden Kommunen waren 2019 die Prozesse zur gemeinsamen Fallarbeit fest etabliert. 2017 war dies erst bei drei Kommunen der Fall. Fast alle Kommunen haben mittlerweile verbindliche Vereinbarungen über den Beitrag der jeweiligen Akteure entwickelt und einen festen Katalog an Leistungen entworfen. Diese positive Tendenz wurde in einer externen Evaluation bestätigt. Diese unterstreicht die durch RÜMSA erzielte höhere Transparenz der Angebote am Übergang Schule-Beruf. Außerdem wird der wichtige Beitrag der Richtlinie zur Ausgestaltung gemeinsamer Beratungsstellen betont. Susanne Kretschmer, Geschäftsführerin des f-bb und Leiterin der Landesnetzwerkstelle RÜMSA, betont, dass „ein wichtiger Mehrwert der Jugendberufsagenturen für die jungen Menschen gerade in einer schnelleren und effektiveren Beratung in den gemeinsamen Beratungsstellen liegt“.

Die Weiterentwicklung der geschaffenen One-Stop-Governments und die Vermittlung zwischen den jeweiligen „Kulturen“ der Rechtskreise bleibt eine kontinuierliche Aufgabe. Das f-bb fördert dafür den überregionalen Erfahrungsaustausch der Akteure durch Tagungen und Workshops, leistet Öffentlichkeitsarbeit und unterstützt durch die Bereitstellung von Arbeitshilfen und fachlichen Informationen.

  Dr. Felix Reinhardt