InfoForum 03/2020
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Jugendberufsagenturen in Schleswig-Holstein
Trotz weitgehend ähnlicher Vorstellungen darüber, was eine Jugendberufsagentur (JBA) ist, sieht die regionale Umsetzung – vor allem in Flächenstaaten – sehr unterschiedlich aus. Die Formen reichen von einem zentral gelegenen Standort über eine virtuelle Präsenz bis hin zu mehreren dezentralen Anlaufstellen. Immer geht es um die Frage: Wie und wo können junge Menschen durch die JBA möglichst gut erreicht werden?
Konsens ist: Junge Menschen erreicht man in ihrer Lebenswelt, behördliche Orte werden eher gemieden. Anlaufstellen sollten daher niedrigschwellig und zielgruppengerecht verortet und gestaltet werden. Die Praxis zeigt, dass dieses Vorhaben kreative Ansätze erfordert.
Eine überzeugende Antwort bietet das Flächenland Schleswig-Holstein. Im Zuge der 2019 durchgeführten Evaluation der JBAen in Schleswig-Holstein stellte das Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) u. a. heraus, dass sich die Standortorganisation vor allem an bestehender Vernetzung, der Nähe zu den Partnern und der Zielgruppe orientiert. Zentrale und dezentrale Anlaufstellen werden in vorhandenen Räumlichkeiten der Partner oder auch an gänzlich neuen Orten vorgehalten. Eine gute Erreichbarkeit durch die Zielgruppe steht im Fokus.
Ein Aspekt, der hier für Schleswig-Holstein herausgegriffen wird: Feste Partner mit an Bord sind die Regionalen Berufsbildungszentren (RBZ oder BBZ). Die Besonderheit: RBZ stellen mit weitgehender Eigenverantwortung, auch über die finanziellen Mittel, eine Weiterentwicklung der Berufsbildenden Schulen dar. Das eröffnet neue Möglichkeiten. Durch regionale Kooperationen zwischen den Agenturen für Arbeit, Jobcentern, Kommunen und den RBZ ist es gelungen, dezentrale und in einem Fall zentrale Anlaufstellen zusätzlich zur JBA auch dort zu schaffen, wo sich die Zielgruppe junger Menschen im Übergangssystem sowie in der Ausbildung aufhält – an den RBZ.
So erfolgt die Beratung in den Kieler RBZ in täglich wechselnder Besetzung von Berufsberater*innen, Integrationsfachkräften, „Übergangsmanager*innen“ sowie speziellen Beratungslehrkräften. Zusätzlich leiten Lehrkräfte als „Zubringer" die Schüler*innen gezielt weiter. Im Foyer der Schule ist die Anlaufstelle allen präsent. Der Tresen der Anlaufstelle ist in der Mittagszeit besetzt, wenn die gegenüberliegende Kantine Besucherströme anzieht. Den Schüler*innen der RBZ werden die Anlaufstellen gleich zu Beginn des Schulbesuchs bekannt gemacht. In Kürze eröffnet die zentrale JBA Kiel mit einem umfassenden Beratungsangebot in eigenen Räumen und zudem in einer attraktiven, gut erreichbaren und für alle sichtbaren Lage.
Auch im Flächenlandkreis Dithmarschen werden niedrigschwellige Angebote gemacht, um junge Menschen zu erreichen. Sozialräumlich unterstützen die so genannten „Ausbildungslotsen“ aus dem Bereich der Jugendhilfe. Sie bilden die direkte Schnittstelle zur zentralen JBA für Jugendliche mit besonderem Unterstützungsbedarf. Die Termine am dortigen BBZ erfolgen dann nach Vereinbarung – auch in Form von „Fallkonferenzen“ unter Einbindung der relevanten Partner.
Mit zwei ausschließlich an den BBZ verorteten Anlaufstellen begegnet hingegen der Kreis Schleswig-Flensburg der Fläche. Das größere BBZ in Schleswig ist täglich geöffnet und gut besetzt durch die gleichzeitige Anwesenheit einer Beratungsfachkraft aus Jobcenter, Agentur für Arbeit und Jugendhilfe, Coaching- bzw. Beratungsfachkräften und einer Assistenzkraft am Empfang, von dem an die entsprechende Ansprechperson weitergeleitet wird . Es gibt einen Wartebereich mit Kaffeebar und Internetarbeitsplatz. Die Gestaltung ist fern von behördlichem Charakter und die „Türen immer offen“.
Bei allen regionalen Besonderheiten zeigen diese Beispiele eines: Eine JBA in einem Flächenland muss im Alltag der jungen Menschen präsent sein. Dann fällt der erste Schritt in die Beratung auch nicht mehr schwer – sie liegt quasi „ gleich um die Ecke“.
Im Auftrag des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Arbeit, Technologie und Tourismus des Landes Schleswig-Holstein führte das f-bb die Evaluation der acht bislang bestehenden Jugendberufsagenturen im Zeitraum 24.05.2019 bis 30.11.2019 durch. Eine Zusammenfassung des Evaluationsberichtes kann hier eingesehen werden.
Susanne Green