InfoForum 03/2020
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Die Schule als Litfaßsäule der Jugendberufsagentur
Interview mit f-bb-Projektgruppenleiterin Dr. Barbara Kiepenheuer-Drechsler zur Evaluation der Jugendberufsagentur Berlin
Frage: Frau Dr. Kiepenheuer-Drechsler, Sie evaluieren derzeit die Jugendberufsagentur (JBA) Berlin. Wie misst man den Erfolg eines solchen Angebotes?
Dr. Barbara Kiepenheuer-Drechsler: Das ist nicht so einfach, da der Erfolg einer JBA immer auch vom Gesamtkontext abhängt, etwa der demographischen Entwicklung und den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Um eine Wirkung messen zu können, muss immer ein Vergleich gezogen werden: entweder zu einer vergleichbaren Region ohne JBA, oder zu einem Zeitpunkt, in dem es eine solche noch nicht gab. In Berlin gibt es seit 2016 in jedem der 12 Bezirke einen regionalen Standort der Jugendberufsagentur Berlin. Damit bleibt nur ein „Vorher-Nachher“-Vergleich und die Analyse der nach 2015 erfolgten Veränderungen.
Im Zuge unserer Evaluation haben wir aber schnell gemerkt, dass sich der Erfolg der JBA Berlin auch in diesem zeitlichen Vergleich nur sehr schwer aus dem Wirkungszusammenhängen am Übergang Schule-Beruf herauslösen lässt. Es muss immer gefragt werden: Welchen Einfluss kann die bessere Abstimmung der Partner und die Beratung der jungen Menschen innerhalb der JBA Berlin z. B. auf deren bessere Vermittlung in Ausbildung haben – und welcher Einfluss ist auf die geänderten Rahmenbedingungen (Bereitstellung von Ausbildungsplätzen, Ausbildungsplätze in bestimmten Branchen, Ausbildungsreife der jungen Menschen in den Schulabgangsklassen) zurückzuführen? Daher muss auf mehr als auf die reinen Kennzahlen geschaut werden. In den letzten Jahren haben wir viele Interviews und Gruppendiskussionen und eine Online-Befragung junger Menschen durchgeführt. Die Zwischenergebnisse, die wir auf dieser Grundlage ermittelt haben, sprechen jedenfalls für einen Gewinn, der von der JBA Berlin ausgeht.
Können Sie diesen „Gewinn“ erläutern? Wie kommt die JBA Berlin etwa bei der eigentlichen Zielgruppe, also bei jungen Menschen an? Behördlichen Einrichtungen haftet ja häufig der Ruf an, die Jugend kaum zu erreichen.
Wir haben dazu im Februar diesen Jahres 85 junge Menschen mit Beratungskontakt zur JBA Berlin befragt. Hervorzuheben ist: Viele der jungen Menschen besuchten die JBA Berlin mehrfach und bewerteten das Beratungsangebot überwiegend positiv. Die Befragten hatten den Eindruck, in ihren Beratungsanliegen ernst genommen zu werden – das ist nicht unbedingt selbstverständlich. Als positiv empfunden wurde auch die schnelle Terminvergabe, die Ratsuchenden konnten häufig sogar beim ersten Besuch direkt beraten werden. Das steigert die Motivation, die Beratung anzunehmen. Bei einer jugendgerechten Ausgestaltung der Räumlichkeiten werden allerdings noch Verbesserungsbedarfe gesehen und auch die Homepage www.jba-berlin.de war noch längst nicht allen bekannt.
Haben Sie auch Erkenntnisse dazu, wie die jungen Menschen auf das JBA-Angebot aufmerksam wurden? Und können Sie vielleicht Tipps geben, wie und wo Jugendberufsagenturen präsent sein müssen, um ihre Zielgruppe anzusprechen?
In Berlin wurden die jungen Menschen, die an unserer Befragung teilgenommen haben, überwiegend durch die Berater*innen an der Schule auf die JBA Berlin aufmerksam gemacht. Dort arbeiten Berufsberater*innen der Agentur für Arbeit, Koordinator*innen für Berufs- und Studienorientierung und Beratungslehrkräfte der beruflichen Schulen in einem BSO-Team eng zusammen. Ziel ist es, alle Schüler*innen vor dem Verlassen der Schule mindestens einmal beraten zu haben. Die Schule bildet also in gewisser Weise die „Litfaßsäule der JBA“.
Klar ist aber auch, dass der Freundeskreis und auch die Eltern eine wichtige Rolle spielen. In Berlin wird außerdem versucht, die jungen Leute über soziale Medien zu informieren. So gibt es etwa einen Instagram-Account (@jba_weildeinezukunftzaehlt) mit steigenden Followerzahlen. Ob sich diese digitalen Kontakte bei Bedarf in Beratungen übersetzen werden, gilt es weiter zu beobachten. Eine wichtige Rolle bei der Zuleitung spielt aber auch die aufsuchende Arbeit. Dabei gehen Berater*innen freier Träger im Auftrag der JBA Berlin dorthin, wo diejenigen jungen Menschen sind, die nicht mehr über die Schule erreicht werden können. Idealerweise können sie die Ratsuchenden dann auch in einen regionalen JBA-Standort begleiten und eine „warme Übergabe“ sicherstellen.