InfoForum 02/2020
Newsletter-anmeldung
Online-Unterricht für Menschen mit Migrationshintergrund
5 Tipps für Bildungsanbieter
Menschen mit Migrationshintergrund sind eine wichtige Zielgruppe bei Weiterbildungen. Mit Inkrafttreten des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes könnte die Nachfrage hier weiter steigen. Umso wichtiger ist es, dass sich Bildungsanbieter darauf einstellen und auf die Besonderheiten der Zielgruppe eingehen. Speziell beim Online-Unterricht gibt es Rahmenbedingungen, die sich positiv auf den Weiterbildungserfolg auswirken. Die am Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) angesiedelte IQ Fachstelle Beratung und Qualifizierung hat diese Rahmenbedingungen für Bildungsanbieter zusammengefasst:
1. Schaffen Sie eine vertrauensvolle Atmosphäre
- Lassen Sie alle Teilnehmenden zu Beginn des Online-Unterrichts Mikrofon und Lautsprecher testen – hier meistern Sie die erste technische Hürde im virtuellen Raum.
- Nutzen Sie Vorstellungsrunden, um den Teilnehmenden die Angst vor dem Sprechen im virtuellen Klassenzimmer zu nehmen.
- Sprechen Sie zu Beginn über alltägliche und vertraute Themen. Das erleichtert es den Teilnehmenden, sich an das Sprechen alleine vor dem Bildschirm zu gewöhnen.
2. Passen Sie den Ablauf individuell und bedarfsgerecht an
- Haben Sie Geduld! Teilnehmende mit geringeren Deutschkenntnissen brauchen oftmals mehr Zeit beim Lesen und um Antworten auf Deutsch vorzubereiten. Warten Sie ab, bis Sie eine Rückmeldung bekommen. Die Teilnehmenden brechen die Stille, nicht Sie!
- Vermeiden Sie Sätze wie „Das haben wir heute nicht geschafft“. Geben Sie Ihren Teilnehmenden das Gefühl, dass sie ein gutes Lerntempo haben. Das steigert die Lernmotivation.
- Gehen Sie auf Fragen ein, die im Chat gestellt werden. Motivieren Sie die Teilnehmenden, sich diese Fragen gegenseitig zu beantworten.
3. Achten Sie besonders auf die Umsetzung der sprachlichen Aspekte
- Bedienen Sie die vier Fertigkeiten Lesen, Hören, Schreiben und Sprechen gleichermaßen: Mit Hilfe der in den Lernmanagementsystemen bereitgestellten Werkzeuge lassen sich verschiedene Lernformen ein- und umsetzen.
- Achten Sie auf Ihre (Körper-)Sprache. Deutliches und langsames Sprechen ist auch vor dem Hintergrund potenzieller Störgeräusche, einer schlechten Verbindung, verzögerten Sendens oder mangelhafter Technik sehr wichtig.
4. Nutzen Sie Tools im virtuellen Raum effektiv
- Verwenden Sie wenige, aber nützliche Tools, z. B. zur Kommunikation oder Meinungsumfrage. „Zwingen“ Sie sich, diese auch einzubauen: Sie fordern Aufmerksamkeit und bringen Abwechslung.
- Legen Sie Regeln für die Kommunikation fest. Sollen Fragen einfach hereingerufen, oder erst die elektronische Hand gehoben werden? Sind Fragen erst am Ende erwünscht?
- Fordern Sie Reaktionen wie „grünes Häkchen“ oder „Daumen hoch“ ein. Achtung: Die Symbolik kann sich auf verschiedenen Plattformen für Online-Unterricht unterscheiden. Auch interkulturelle Fauxpas lassen sich vermeiden, wenn Sie die Bedeutung der Icons/Symbole für Ihre Anwendung transparent machen.
5. Last, but not least: Vergessen Sie nicht die Pausen
- Bauen Sie regelmäßig kurze Pausen ein. Die kognitive Belastung im virtuellen Raum ist höher als in Präsenz. Sie können die Teilnehmenden auch fragen, ob und wann sie eine Pause benötigen. Ideal sind Input-Slots von 45 bis 90 Minuten.
- Animieren Sie Ihre Teilnehmenden in den Pausen vom Computer aufzustehen, sich zu bewegen und vor allem, für einen Moment vom Bildschirm wegzugehen.
- Integrieren Sie explizit „Pausenfolien“ in Ihre Präsentation, um die Unterrichtseinheiten voneinander abzugrenzen. So werden Sie und Ihre Teilnehmenden auch visuell an eine kurze Unterbrechung erinnert.
Die Empfehlungen beruhen auf eigenen Erfahrungen. So führt die IQ Fachstelle bereits seit 2015 erfolgreich Online-Unterricht in sogenannten Virtuellen Brückenmaßnahmen für Akademikerinnen und Akademikern mit einem ausländischen Hochschulabschluss aus den Bereichen Psychologie sowie Betriebswirtschaftslehre bzw. Geistes- und Sozialwissenschaften durch. Dabei kommt das besondere Konzept des Integrierten Fach- und Sprachlernens zum Einsatz: Fachwissen im jeweiligen Bereich wird aktualisiert, die zugehörigen fachsprachlichen Deutschkenntnisse trainiert. Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung (IQ)“ wird durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds gefördert.
Katharina Drummer
Charley Pedde