InfoForum 02/2020

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Kürzer, aber immer noch effektiv?

Interview mit f-bb-Projektgruppenleiterin Kristin Hecker über die Evaluation der Berufseinstiegsbegleitung in Sachsen

Frau Hecker, Sie und Ihr Team werden demnächst mit der Evaluation der Berufseinstiegsbegleitung in Sachsen beginnen. Was genau ist das Hauptziel der Evaluation?

Vielleicht ein paar Worte vorweg: Die Berufseinstiegsbegleitung ist ein Angebot der Bundesagentur für Arbeit, um v. a. leistungsschwächere, oft auch abschlussgefährdete Jugendliche am Übergang von der Schule in die Ausbildung zu unterstützen. Die Schüler*innen werden ab der achten oder neunten Klasse – also etwa 1,5 Jahre vor Schulabschluss – bis in die Ausbildung hinein durch die Berufseinstiegsbegleiter*innen intensiv gefördert und  begleitet Diese Maßnahme ist nicht neu. Seit 2009/2010 lief ein bundesweites Modellprojekt, an dem bereits ein großer Teil der sächsischen Förderschulen teilnahm.

Die Berufseinstiegsbegleitung wurde im Jahr 2012 im Rahmen des Gesetzes zur Verbesserung der Chancen am Arbeitsmarkt als Regelinstrument im SGB III übernommen. Seitdem hat sich die Berufseinstiegsbegleitung als das Begleitinstrument junger Menschen beim Übergang von der Schule in die Berufsausbildung etabliert.  In Sachsen ist es fester Bestandteil der Initiative „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ und wird flächendeckend für Schüler*innen an Oberschulen und Förderschulen angeboten. Die Finanzierung der Berufseinstiegsbegleitung erfolgt seit dem Schuljahr 2019/2020 zu 50 Prozent durch die Bundesagentur für Arbeit und wird durch den Freistaat Sachsen mit 50 Prozent kofinanziert.

Das Instrument wird seitdem in etwas angepasster Form durchgeführt: Neben der stärkeren Verpflichtung der Berufseinstiegsbegleiter*innen , den Übergang von der Schule in Ausbildung sicherzustellen, und dafür auch eine Potenzialanalyse durchzuführen, wurden Anpassungen an der Laufzeit vorgenommen. In Sachsen beginnt die Begleitung ab dem zweiten Halbjahr der Vorabgangsklasse. Für diejenigen Schüler*innen, die direkt nach der Schule eine Ausbildung beginnen, endet sie nach Ende des ersten Ausbildungshalbjahres. Alle anderen Teilnehmenden werden maximal bis zu 36 Monaten Gesamtlaufzeit gefördert. Statt zuvor maximal 48 Monate werden die Schüler*innen also maximal 36 Monate begleitet.

In der Evaluation wollen wir herausfinden, ob bzw. in welchem Ausmaß die Ziele der Berufseinstiegsbegleitung unter der angepassten Laufzeit erreicht werden. Dabei betrachten wir alle Phasen des Programms: Erreichung des Schulabschlusses, Berufsorientierung- und Berufswahl, Ausbildungsplatzsuche, Begleitung am Übergang und Stabilisierung der Ausbildung.

 

Warum wurde die Laufzeit des Angebots in Sachsen gekürzt?

Weil es in Sachsen weitere ergänzende Unterstützungsangebote gibt, wie sie z. B. in der Bund-Land-Vereinbarung „Abschluss und Anschluss – Bildungsketten bis zum Ausbildungsabschluss“ genannt sind. Junge Menschen mit Schwierigkeiten am Übergang können unter anderem in der Schule das Angebot „Produktives Lernen“ nutzen, das beim Erreichen des Abschlusses unterstützt. Die „Werkstatttage“ und berufsvorbereitende Maßnahmen helfen dabei, den richtigen Beruf für sich zu finden. In dieser schulischen Phase wurde die Berufseinstiegsbegleitung beispielsweise verkürzt.

Entscheidend war aber, die Anschlussfähigkeit der Berufseinstiegsbegleitung zu ausbildungsbegleitenden Unterstützungsangeboten wie insbesondere der Assistierten Ausbildung (AsA). Sie unterstützt maßgeblich die letzte Phase, in der Ausbildungsverhältnisse stabilisiert und ein erfolgreicher Berufsabschluss erreicht werden. Wir werden in der Evaluation auch untersuchen, wie die Maßnahmen ineinandergreifen und ob sie sich dadurch gegenseitig stärken können.

 

Gibt es zum Thema bereits Erkenntnisse aus anderen Bundesländern, auf die aufgebaut werden kann?

Aus anderen Bundesländern liegen noch keine Studien vor. Das eingangs erwähnte Bundesprogramm wurde zwischen 2010 und 2014 evaluiert. Gegenstand war die Förderung der Berufseinstiegsbegleitung an 1.000 Modellschulen mit Eintritten bis zum 31. Dezember 2011. Mit dem Programm war man – auch aufgrund der Evaluationsergebnisse – sehr zufrieden , weshalb es als Regelinstrument im SGB III § 49 implementiert wurde.

Für uns sind die Ergebnisse interessant, weil sie beispielsweise zeigen, dass manche Teilnehmenden stärker von der Unterstützung profitieren als andere. Für unsere Aufgabe können wir aber nur begrenzt darauf aufbauen. Bei uns wird es darum gehen, zwei verschiedene Gruppen von Teilnehmenden miteinander zu vergleichen, d. h. eine Gruppe besteht aus Teilnehmenden, die an der Förderung mit 48 Monaten Laufzeit teilgenommen haben. Das werden Schüler*innen der achten Klasse aus dem Schuljahr 2018/2019 sein. Die zweite Gruppe sind Teilnehmende, die nun am verkürzten Angebot ab dem Schuljahr 2019/2020 teilnehmen. Wir werden uns anschauen, wie ähnlich die Ergebnisse der beiden Gruppen sind. Daraus lässt sich schließen, ob die Laufzeit einen Einfluss auf den Erfolg der Maßnahme hat. Rahmenbedingungen wie die Wirtschafts- und Arbeitsmarktlage zu den verschiedenen Zeitpunkten werden dabei natürlich berücksichtigt.

 

Aus aktuellem Anlass noch eine abschließende Frage: Hat die Corona-Pandemie einen Einfluss auf die Realisierung des Projekts? Rechnen Sie mit Verzögerungen?

Die Corona-Pandemie spielt eine Rolle, da die Maßnahmen der Berufseinstiegsbegleitung vor Ort mit Verzögerungen gestartet sind. Die Träger haben jedoch Alternativen genutzt, um das Angebot aufrecht zu erhalten. So fanden beispielsweise Gespräche mit den Schüler*innen telefonisch oder per Videotelefonat statt.  Darüber hinaus hat die Pandemie Auswirkungen auf den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt. Diese Rahmenbedingungen müssen bei der Bewertung berücksichtigt werden. Verzögerungen wird es über den Evaluationszeitraum aber nicht geben, da das Projekt bis Ende 2023 läuft.