InfoForum 02/2018
Näher dran an den Ratsuchenden – im Ausland erworbene Kompetenzen anerkennen in Bayern
Schlüssel für eine gelingende Arbeitsmarktintegration von Zugewanderten ist die Anerkennung von Berufsabschlüssen, die im Ausland erworben wurden. Die Personen erhalten im besten Fall einen Nachweis über die Gleichwertigkeit ihres beruflichen Abschlusses mit einem deutschen Abschluss. Und auch wenn die volle Gleichwertigkeit nicht festgestellt wird, profitieren Antragstellende vom Prozess: Mit einer Teilanerkennung wird immerhin eine Grundlage erworben, mit Hilfe derer Weiterbildungen geplant werden können. Gleichzeitig können Unternehmen Bewerber und Bewerberinnen besser einschätzen und profitieren am Ende von gut ausgebildeten Fachkräften. Diese positive Entwicklung nimmt ihren Anfang mit dem 2012 in Kraft getretenen Gesetz zur Feststellung der Gleichwertigkeit von Berufsqualifikationen (auch Berufsqualifikationsfeststellungsgesetz oder BQFG). Damit haben Bund und Länder neue Möglichkeiten geschaffen, Zugewanderten und Geflüchteten die Nutzung ihres Potenzials auf dem deutschen Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Trotz dieser Vorteile nehmen immer noch zahlreiche gut ausgebildete Zugewanderte und Geflüchtete in Deutschland diese Möglichkeit nicht wahr und bleiben unter ihrer Qualifikation beschäftigt. Gründe dafür können fehlende Bekanntheit des Anerkennungsverfahrens, Schwierigkeiten bei der Beantragung und die räumliche Distanz zur zuständigen Behörde sein.
Das Förderprogramm „Integration durch Qualifizierung IQ“ trägt seit 2005 zur besseren Integration von Migrantinnen und Migranten in den Arbeitsmarkt bei und bietet an vielen Orten in Deutschland Informationen und persönliche Beratungen rund um das Anerkennungsgesetz an. Die Fachstelle „Beratung und Qualifizierung“ beim Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb) übernimmt dabei die fachliche Beratung und Begleitung der Landesnetzwerke. Das IQ Programm wird aus Mitteln des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales und des Europäischen Sozialfonds gefördert.
Um die Anerkennungsberatung in Bayern flächendeckender anbieten zu können, wurde sie zusätzlich durch das Land ausgebaut. Die Beratung ist im Anerkennungsprozess von großer Bedeutung, da Antragstellende umfangreiche Unterstützung erhalten und der Aufwand in Entscheidungsstellen reduziert wird. Gefördert vom Bayerischen Staatsministerium für Arbeit und Soziales, Familie und Integration haben die Beruflichen Fortbildungszentren der Bayerischen Wirtschaft (bfz) seit Ende 2016 fünf Anerkennungsberatungsstellen in Ingolstadt, Bamberg, Landshut, Regensburg und Würzburg eingerichtet. Die bfz Bildungsforschung begleitet die Stellen fachlich und führt Schulungen zum Themenbereich der Anerkennung für die Beratungsfachkräfte durch. Allein im Jahr 2017 erreichten die bfz in Bayern 1.137 Personen, die zur Anerkennung ihres Berufsabschlusses beraten wurden. Der Vorteil: Durch die örtliche Nähe der Beratungsstellen zum Wohnort der Zielgruppe werden Kosten und Dauer der Anreise erheblich reduziert. Dies ist umso wichtiger, als für Ratsuchende auf dem Weg zur beruflichen Anerkennung durchschnittlich drei Termine bei einer Anerkennungsberatungsstelle anfallen. Die Anzahl der Beratungstermine (insgesamt rd. 4.000) zeigt, dass der Ausbau in der Fläche angenommen wird.
Wie positiv sich Anerkennungen für die Einzelnen auswirken, belegt der Bericht des Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bilanzierung „5 Jahre Anerkennungsgesetz“ (BMBF, Bericht zum Anerkennungsgesetz 2017). Demnach profitieren Personen, die ihre ausländische Qualifikation hierzulande anerkennen lassen, gleich mehrfach. Sie sind insgesamt häufiger, längerfristig sowie in höheren Positionen und eher ihren Qualifikationen entsprechend beschäftigt als vor der Anerkennung. Auch finanziell macht sich das Verfahren bezahlt. Das monatliche Brutto-Einkommen ist nach erfolgreichem Antrag um durchschnittlich 1.000 Euro höher – ein Anstieg um rund 40 Prozent. Schließlich hält die Anerkennung in der Praxis auch für Unternehmen, was sie in der Theorie verspricht. Diese erhalten nicht nur eine wertvolle Hilfe bei der Einschätzung von Bewerberinnen und Bewerbern mit ausländischen Berufsabschlüssen. Auch nutzen sie die Möglichkeiten des Anerkennungsgesetzes aktiv, um dringend benötigte Fachkräfte aus dem Ausland zu rekrutieren.
Kristin Hecker
Lydia Schmidt