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„Legt los, die Beschäftigten sind aufgeschlossen“

Was sich aus der Pflege für den digitalen Wandel lernen lässt

Das Pflegewesen gilt als Branche, bei der die Potenziale der Digitalisierung noch nicht flächendeckend ausgeschöpft werden. Die Akzeptanz für technische Hilfsmittel sei in Sozialberufen gering, heißt es häufig. Dabei zeigt die Corona-Krise, dass Automatisierung und Vernetzung auch hier ein großes Potenzial innewohnt. Durch digitale Systeme lässt sich beispielsweise Zeit bei der Dokumentation sparen. Diese Mehrzeit könnte dann für die eigentliche Pflegearbeit eingesetzt werden. Wie lassen sich die Potenziale besser entfalten? Und wie sind die Aussichten für die Zeit nach der Pandemie? Dazu haben Prof. Ulrich Fischer und Isabell Steuding von der Hochschule Harz als Projektpartner des Zukunftszentrums Digitale Arbeit Sachsen-Anhalte eine Umfrage durchgeführt.

„Was uns wirklich überrascht hat ist die Tatsache, dass Geschäftsführungen bzw. Leitungskräfte deutlich weniger Potenzial in der Digitalisierung sehen als Angestellte auf Fachkraftebene“, kommentiert Michael E. W. Ney, Projektleiter des Zukunftszentrums, die Ergebnisse. So versprechen sich 70 Prozent der Fachkräfte eine Zeitersparnis, während dies nur knapp die Hälfte der Leitungen annehmen. Mehr Sicherheit für die zu Pflegenden wird von 71 Prozent der Fachkräfte erwartet, bei den Leitungen sind es nur knapp 40 Prozent. Ein ähnlich deutlicher Unterschied findet sich in der Erwartung an körperliche Entlastung: Pflegekräfte bejahen diese zu 45,8 Prozent, Leitungen nur zu 26,3 Prozent.

Fragt man nach den Hürden, die der Digitalisierung entgegenstehen, sind die Unterschiede zwischen den betrachteten Gruppen ähnlich deutlich. Die Arbeitsebene der Fachkräfte nennt hier vor allem die Unsicherheit vor Neuerungen und die fehlende Zeit für die Einarbeitung; jeweils etwa 62 Prozent der Befragten sehen darin potenzielle Probleme. Knapp 60 Prozent der Fachkräfte bezeichnen die Angst vor Fehlern als größte Hürde. Für die Leitungsebene stehen ganz andere Hürden im Fokus, die Hemmnisse werden auch von deutlich mehr Befragten ins Feld geführt. Jeweils etwa 90 Prozent der Geschäftsführungen und. Leitungskräfte nennen hier die Kosten, die Akzeptanz der Mitarbeiter*innen sowie den Schulungs- und Zeitaufwand der Einführung.

„Wer die Potenziale der Digitalisierung für die Pflege nutzbar machen will, muss also bei den Führungskräften ansetzen. Man muss ihnen Mut machen und mitgeben: Legt los, eure Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind aufgeschlossen für digitale Lösungen. Die Corona-Krise bietet die Chance, damit anzufangen. Schließlich sind die Eindrücke noch frisch und das Fenster für Veränderungen ist ein Stück weit geöffnet. Auch die Lehren und die positiven Erfahrungen aus anderen Branchen lassen sich dafür nutzbar machen“, resümiert Ney. Für die Umfrage wurden von Juli bis September 2020 118 ambulante und teil-/stationäre Einrichtungen der Altenpflege in Sachsen-Anhalt befragt. Die Stichprobe deckt alle Regionen, Unternehmenstypen und Hierarchieebenen ab.


Das Projekt „Zukunftszentrum Digitale Arbeit Sachsen-Anhalt“ wird im Rahmen des Programms „Zukunftszentren“ durch das Bundesministerium für Arbeit und Soziales und den Europäischen Sozialfonds sowie vom Ministerium für Arbeit, Soziales und Integration des Landes Sachsen-Anhalt gefördert. Seine Gesamtkoordination liegt beim Forschungsinstitut Betriebliche Bildung (f-bb).

  Michael E. W. Ney

  Isabelle Esper


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